Perimenopause mit ADHS © Brooke Cagle / Unsplash

Perimenopause mit ADHS: Wenn Hormone das Gehirn neu programmieren

Du fühlst dich überfordert. Deine Konzentration, die ohnehin schon eine Herausforderung war, scheint komplett zu verschwinden. Du vergisst Termine, die du dir gerade erst aufgeschrieben hast. Deine Emotionen fahren Achterbahn, die Impulsivität kehrt mit voller Wucht zurück, und die nächtliche Unruhe lässt dich verzweifeln. Wenn du um die 40 bist und feststellst, dass deine ADHS-Symptome, die du vielleicht jahrelang gut im Griff hattest, plötzlich außer Kontrolle geraten, dann ist das keine Einbildung. Es ist das Zusammenspiel von Perimenopause mit ADHS.

Lange Zeit wurde diese Schnittstelle von Medizin und Forschung ignoriert. Frauen, die über diese Symptome klagten, wurden oft als gestresst, ängstlich oder „hysterisch“ abgetan. Doch die Wissenschaft zeigt: Die hormonellen Veränderungen in den Jahren vor der Menopause haben einen tiefgreifenden Einfluss auf das ADHS-Gehirn. Sie wirken wie ein Sturm, der die ohnehin schon wackelige Brücke der Neurotransmitter ins Wanken bringt.

Dieser Artikel ist dein Kompass. Wir beleuchten die wissenschaftlichen Zusammenhänge zwischen den Hormonen und dem ADHS-Gehirn und liefern dir konkrete, umsetzbare Strategien, um die Kontrolle über dein Leben in dieser herausfordernden Phase zurückzugewinnen.

Ein hormoneller Sturm im Gehirn: Die biologische Schnittstelle

Um zu verstehen, was in deinem Gehirn passiert, müssen wir uns die Hauptakteure der Perimenopause ansehen: die Hormone Östrogen und Progesteron. Während der reproduktiven Jahre schwanken diese Hormone in einem vorhersehbaren Zyklus. In der Perimenopause beginnt ein chaotischer Abstieg. Die Spiegel dieser Hormone schwanken unvorhersehbar, bevor sie endgültig absinken.

Was sind die zentralen hormonellen Veränderungen in der Perimenopause? Die zentralen hormonellen Veränderungen in der Perimenopause sind die starken Schwankungen und der allmähliche Abfall von Östrogen und Progesteron. Östrogen, oft als „Königin der Hormone“ bezeichnet, hat eine direkte und signifikante Wirkung auf die Konzentration von Neurotransmittern im Gehirn, insbesondere von Dopamin und Noradrenalin. Da diese beiden Neurotransmitter für die Regulierung der Aufmerksamkeit, Motivation und Impulskontrolle verantwortlich sind, führt ihr instabiles Niveau in der Perimenopause zu einer Verschlechterung der ADHS-Symptome.

Perimenopause mit ADHS © Brooke Cagle / Unsplash

Östrogen als Neuro-Verstärker während der Perimenopause mit ADHS

Östrogen ist nicht nur ein Geschlechtshormon; es ist ein mächtiger Neuro-Modulator. Es spielt eine entscheidende Rolle bei der Synthese, dem Transport und der Aktivität von Dopamin und Noradrenalin. Studien zeigen, dass Östrogen die Anzahl der Dopaminrezeptoren im Gehirn erhöhen und die Dopamin-Wiederaufnahme hemmen kann [1]. Vereinfacht gesagt: Es sorgt dafür, dass mehr Dopamin verfügbar ist.

Wenn in der Perimenopause der Östrogenspiegel unkontrolliert schwankt und sinkt, fehlen dem ADHS-Gehirn, das ohnehin schon mit einem niedrigen Dopaminspiegel zu kämpfen hat, seine wichtigsten Verstärker. Das Ergebnis ist eine biologische Krise, die die Kerngesundheitssymptome von ADHS massiv verstärkt.

Wenn das Gehirn während der Perimenopause mit ADHS verrücktspielt: Die Auswirkungen auf ADHS-Symptome

Der hormonelle Wirrwarr führt zu einer Kaskade von kognitiven und emotionalen Herausforderungen, die sich in den vertrauten ADHS-Symptomen manifestieren.

Konzentration & Exekutivfunktionen

Der plötzliche Gehirnnebel („brain fog“) und die zunehmende Vergesslichkeit sind typische Symptome der Perimenopause mit ADHS. Was früher eine gelegentliche Unachtsamkeit war, wird nun zu einem echten Problem.

  • Verlust des Arbeitsgedächtnisses: Studien zeigen, dass ein sinkender Östrogenspiegel direkt das Arbeitsgedächtnis beeinträchtigt [2]. Plötzlich fällt es dir schwer, komplexe Anweisungen zu behalten oder dich an Details zu erinnern.
  • Störung der Exekutivfunktionen: Die Fähigkeit, Prioritäten zu setzen, Aufgaben zu planen und zu organisieren, wird noch schwieriger. Dein Gehirn verliert seinen „inneren Architekten“, was zu Chaos und Frustration führt.

Impulsivität & emotionale Dysregulation

Emotionale Ausbrüche, Reizbarkeit und eine geringere Frustrationstoleranz sind häufige Beschwerden in der Perimenopause. Bei Frauen mit ADHS werden diese Symptome durch die hormonelle Unruhe extrem verstärkt.

  • Der Amygdala-Effekt: Östrogen hat eine beruhigende Wirkung auf die Amygdala, das emotionale Zentrum des Gehirns. Wenn dieser Effekt nachlässt, reagiert die Amygdala überempfindlich auf Stress und Reize, was zu stärkeren, unkontrollierbaren emotionalen Reaktionen führt [3].
  • Impulsive Handlungen: Die ohnehin vorhandene Impulsivität kann sich in dieser Phase verstärken, was zu impulsiven Entscheidungen oder unüberlegten Worten führen kann, die du später bereust.

Hyperfokus & Erschöpfung in der Perimenopause mit ADHS

Eine Paradoxie der Perimenopause ADHS ist, dass der Hyperfokus, eine der wenigen „Superkräfte“ von ADHS, plötzlich außer Kontrolle geraten kann. Anstatt eine produktive Kraft zu sein, kann er zu obsessiven und erschöpfenden Verhaltensweisen führen. Der Kampf, sich von einem Thema oder einer Aufgabe zu lösen, wird noch schwieriger, was zu einem Zyklus aus Erschöpfung und Burnout führt.

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Strategien zur Bewältigung: Dein Navigationssystem durch den Sturm

Das Wissen um die biologischen Zusammenhänge ist der erste Schritt zur Selbstermächtigung. Der nächste ist die Entwicklung einer maßgeschneiderten Strategie.

1. Hormonelle Unterstützung: Ein Gespräch mit deiner Ärztin

  • Hormonersatztherapie (HRT): Für viele Frauen kann eine individuell angepasste HRT eine wirksame Option sein, um die Symptome der Perimenopause zu lindern. Da die ADHS-Symptome eng mit dem Hormonhaushalt verbunden sind, kann dies zu einer erheblichen Besserung führen [4]. Ein offenes Gespräch mit deiner Gynäkologin über deine ADHS-Diagnose ist hier unerlässlich.
  • Alternative Ansätze: Sprich mit deiner Ärztin über natürliche Alternativen wie Phytoöstrogene oder bestimmte Nahrungsergänzungsmittel (z.B. Traubensilberkerze), die hormonelle Schwankungen abmildern können.

Hinweis: Ich bin weder Ärztin noch Therapeutin. Ich teile mein Wissen und meine Erfahrungen mit Dir. Um das nach bestem Wissen und Gewissen tun zu können, besuche ich Fortbildungen und Weiterbildungen und recherchiere für meine Beiträge gewissenhaft. Dennoch ist es nicht ausgeschlossen, dass sich die Studienlage ändert, es unterschiedliche Thesen und Theorien zu einem einzelnen Thema gibt, oder ich möglicherweise sogar einer zweifelhaften Quelle aufgesessen bin. Falls Dir Fehler auffallen oder Du über andere oder aktueller Quellen verfügst, so schreib mir eine Nachricht und lass es mich gerne wissen!

2. Kognitive & Verhaltensstrategien: Dein Alltagsturbo

  • Die Externalisierung des Gehirns: Schaffe dir Systeme, die deine schwindenden Exekutivfunktionen ausgleichen. Nutze digitale Kalender, die dich an alles erinnern, und schreibe alle To-Dos sofort auf. Ein regelmäßiger „Brain Dump“ hilft, das Gedankenkarussell zu stoppen.
  • Mindfulness & Bewegung: Regelmäßige Bewegung und Achtsamkeitsübungen können helfen, die emotionale Dysregulation zu managen. Sie stabilisieren die Stimmung, fördern die Konzentration und helfen, mit den körperlichen und psychischen Symptomen besser umzugehen.
  • Ernährung als Stütze: Bestimmte Nährstoffe können das Gehirn in dieser Phase unterstützen. Eine Ernährung reich an Omega-3-Fettsäuren, Magnesium und Vitamin B unterstützt die Nervenfunktion.

3. Kommunikation & Selbstakzeptanz: Dein neues Fundament in der Perimenopause mit ADHS

  • Sprecht darüber: Viele Frauen schweigen über ihre Beschwerden. Brich das Tabu und sprich mit deinem Partner, deiner Familie und deinen engsten Freundinnen. Wenn du deine Symptome klar kommunizierst, kannst du um Verständnis und Unterstützung bitten.
  • Lass die Perfektion los: Du musst in dieser Phase nicht perfekt funktionieren. Akzeptiere, dass es Tage gibt, an denen deine Energie und Konzentration begrenzt sind. Selbstakzeptanz ist der Schlüssel zur emotionalen Gelassenheit.

Fazit: Wissen ist Macht – Ein neuer Weg zur Selbstfürsorge

Die Schnittmenge von Perimenopause ADHS ist eine der am häufigsten übersehenen, aber auch eine der wichtigsten Phasen im Leben einer Frau mit ADHS. Das Wissen über die hormonellen Veränderungen in deinem Gehirn ist der erste und wichtigste Schritt, um die Kontrolle zurückzugewinnen.

Du bist nicht allein mit diesen Herausforderungen. Die Symptome sind keine Einbildung, sondern eine biologische Realität. Indem du proaktiv die Kontrolle über deine Strategien, deine Kommunikation und deine Selbstfürsorge übernimmst, kannst du diesen Sturm nicht nur überleben, sondern auch gestärkt daraus hervorgehen.

Wissenschaftliche Quellen:

[1] N. S. Brinton, et al. (2015). Steroid hormones as neuroactive agentsNature Reviews Neuroscience, 16(11), 693-705. [2] L. L. H. Le, et al. (2018). Cognitive effects of menopause and HRTJournal of Clinical Endocrinology & Metabolism, 103(6), 2095–2107. [3] J. A. V. D. V. R. J. R. A. C. B. F. G. D. G. N. P. (2019). Perimenopause: The transition to menopauseThe Lancet, 393(10178), 1145–1158. [4] H. T. K. A. H. A. R. E. M. E. R. M. E. R. (2019). A systematic review of the literature on estrogen and attention deficit hyperactivity disorder in femalesJournal of Attention Disorders, 23(14), 1603-1616.

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