Brauche ich wirklich eine Diagnose?

von Sylvia
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Brauche ich wirklich eine Diagnose?

„Brauchst Du wirklich eine Diagnose?“, „Wozu brauchst Du die Diagnose denn?“ Oder „Was bringt Dir so eine Diagnose?“. All das sind Fragen mit denen Betroffene immer wieder konfrontiert sind. Und glaubt mir, ich habe mir diese Fragen auch alle selbst gestellt. Nicht nur einmal und selbst dann noch, als ich meine Diagnose längst hatte. Wenn Du Dich das selbst auch fragst, kannst Du Dir die Antwort darauf im Grunde nur selbst geben. Es gibt nur einen Experten für Dich selbst und das bist Du!

Was eine ADHS-Diagnose nicht kann

Schauen wir uns zunächst einfach einmal an, bei was Dir eine Diagnose nicht hilft. Sie löst nicht all Deine Probleme von einem Tag auf den anderen. Du wirst zu niemand anderem und Du bist und bleibst derselbe Mensch. Niemand oder nur wenige Menschen werden langfristig andere Erwartungen an Dich haben, Dich anders behandeln oder Rücksicht darauf nehmen, dass Du eine ADHS hast. Deine Engsten und Liebsten vielleicht. Aber seien wir mal realistisch: die meiste Zeit des Tages verbringst Du nicht im kuschligen Schoß deiner Familie, sondern Du bist damit beschäftigt Deinen Alltag zu bewältigen. Es ist ohnehin fraglich, ob es Sinn macht Deinen Kollegen oder Vorgesetzten davon zu erzählen.

Hinzu kommt, dass ich auf meinem bisherigen Weg durchaus auch ADHS-Betroffene kennengelernt habe, die auch von ihrem engsten Umfeld nicht ernst genommen wurden. Da ist ADHS „Quatsch“, eine „Modeerscheinung“ oder gar eine „faule Ausrede“. Wenn ich solche Sätze höre platzt in meinem Inneren nicht nur eine Bombe, sondern ein ganzes Arsenal, aber das mit den Impulsen ist wieder eine andere Sache. Jedenfalls muss Dir eines klar sein: im Zweifelsfall ändert sich Deine Umgebung nicht im Geringsten.

Gehirn; Foto: ©David Matos/Unsplash.com
Foto: David Matos/Unsplash.com

Was eine ADHS-Diagnose kann

Was eine offizielle Diagnose auch nicht kann, ist Deine ADHS heilen, denn diese Stoffwechselstörung im Gehirn ist Stand jetzt nun mal nicht heilbar. Sie ist lediglich behandelbar. Und damit kommen wir zum ersten wesentlichen Punkt, wobei Dir eine offizielle Diagnose hilfreich sein kann. Insbesondere wenn Dein Umfeld keine große Hilfe für Dich ist und Dein Job eine Belastung darstellt. Du erhältst mit einer Diagnose Zugang zu Hilfe. Das kann unter anderem in Form von Medikamenten, einer Verhaltenstherapie oder einer Ergotherapie sein. Oder Kombinationen daraus.

Hinweis: Ich bin weder Ärztin noch Therapeutin. Ich teile mein Wissen und meine Erfahrungen mit Dir. Um das nach besten Wissen und Gewissen tun zu können, besuche ich Fortbildungen und Weiterbildungen und recherchiere für meine Beiträge gewissenhaft. Dennoch ist es nicht ausgeschlossen, dass sich die Studienlage ändert, es unterschiedliche Thesen und Theorien zu einem einzelnen Thema gibt, oder ich möglicherweise sogar einer zweifelhaften Quelle aufgesessen bin. Falls Dir Fehler auffallen oder Du über andere oder aktuellere Quellen verfügst, so schreib mir eine Nachricht und lass es mich gerne wissen!

Die Sicherheit der Gewissheit

Außerdem hast Du mit einer Diagnose auch Gewissheit für Dich selbst. Auch wenn Momente kommen werden, in denen Du die Diagnose anzweifelst. Oder Dich fragst, ob es nicht einfach noch ganz andere Erklärungen geben könnte. Vielleicht gibt es die und ganz sicher gibt es auch falsche Diagnosen. Aber es gibt auch viele Betroffene, die eine falsche Diagnose in andere Richtung in Händen halten. Die also beispielsweise mit Autismus, Borderline Persönlichkeitsstörung oder Depressionen diagnostiziert wurden und – erfolglos – therapiert werden. All die genannten können übrigens auch in Kombination mit ADHS auftreten.

Lerne Dich selbst kennen

Jedenfalls kannst Du mit dem Wissen um Deine ADHS Deine eigene Persönlichkeit mit der Zeit viel besser kennenlernen. Du lernst viel besser, was Dir gut tut und auf was Du lieber verzichtest. Was Du brauchst und was Du vermeiden solltest. Ich selbst habe angefangen viele Bücher zum Thema zu lesen. Autobiographien, Fachbücher und Bücher die irgendwo dazwischen lagen. Ich habe mich also in Eigeninitiative mit Psychoedukation befasst. Was ich Dir ebenfalls nur ans Herz legen kann.

Das mag auf die Außenwelt manchmal so wirken, als seien wir ADHSler nur mit uns selbst beschäftigt und würden meinen, die ganze Welt dreht sich nur um uns selbst und unsere Diagnose. Ein bisschen was mag da sogar dran sein, es ist nun auch mal ein mehr oder weniger einschneidendes Erlebnis, diese Diagnose zu erhalten. Aber es ist meines Erachtens ausgesprochen wichtig zu wissen, wovon wir da betroffen sind und welche Mechanismen zugrunde liegen. 

Die Bedeutsamkeit einer offiziellen ADHS-Diagnose

Jemand der eine Diabetes-Diagnose erhält muss sich ebenfalls mit seiner Stoffwechselstörung und seinem Verhalten auseinandersetzen und seinen Lebensstil gegebenenfalls ändern. Da mag jetzt manch einer argumentieren, dass sei etwas anderes, denn es sei potentiell lebensbedrohlich, dem sei an dieser Stelle gesagt: das ist ADHS auch. Ernsthaft. Aber dazu werde ich noch einen eigenen Artikel schreiben und eingehend auf das Thema „Verkürzte Lebenszeit durch ADHS“ eingehen.

Fazit zur Notwendigkeit einer ADHS-Diagnose

Und genau deshalb, weil ADHS durchaus eine ernstzunehmende Störung Deines Gehirnstoffwechsels ist, ist meiner Meinung nach auch eine offizielle Diagnose ausgesprochen wichtig. Die Wartelisten sind lang, es tut nicht weh, und Du weißt nicht, wie lange Dein Körper die ständige Reizüberflutung und die damit verbundene Überlastung noch ausgleichen kann. Im Idealfall lässt Du es nicht soweit kommen. Selbst wenn Du weder eine Therapie machst noch Medikamente nimmst, kannst Du im Falle eines Falles sehr schnell die richtigen Schritte einleiten. Also auch wenn jemand ohne Diagnose mithilfe seiner aktuellen, günstigen Umstände gut zurecht kommt, ist es meines Erachtens doch sinnvoll Gewissheit zu haben. 

Ich hoffe meine Überlegungen und Argumente konnten Dir bei Deinen Entscheidungen weiterhelfen? Vielleicht hast Du auch ganz andere Erfahrungen gemacht oder möchtest dem Artikel noch etwas hinzufügen? Dann schreib mir doch in die Kommentare, wenn Du es offen teilen möchtest oder schick mir eine Email, wenn Du Deine Nachricht nur an mich persönlich richten möchtest!

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