Nach VUCA kommt BANI – Was sind die neuen Herausforderungen für Menschen mit ADHS, Autismus, HSP und Co.?

In der heutigen Arbeitswelt, die sich ständig verändert und weiterentwickelt, stoßen viele Menschen auf Herausforderungen, die mit den traditionellen Modellen der Organisations- und Lebensführung nur sehr schwer zu bewältigen sind. Insbesondere neurodivergente Menschen mit Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS), Autismus und Hochsensibilität (HSP) sind von diesen Veränderungen betroffen. Diese neuen Bedingungen lassen sich mit dem Begriff BANI beschreiben, aber was genau bedeutet BANI? Und welche spezifischen Herausforderungen bringt diese neue Arbeitswelt für Menschen mit ADHS, Autismus, HSP und ähnlichen Besonderheiten mit sich?

BANI – Eine neue Realität

BANI ist ein Konzept, das die moderne Arbeitswelt beschreibt. Die Abkürzung steht für Brittle (brüchig), Anxious (ängstlich), Nonlinear (nicht-linear) und Incomprehensible (unverständlich). Dabei geht das Konzept davon aus, dass die Strukturen, die uns stabil erscheinen, oft brüchig sind. Jedoch führt dies zu Angstzuständen, da die Vorhersehbarkeit und Sicherheit fehlen. Die Entwicklungen verlaufen nicht mehr linear, was die Planung erschwert, und viele Prozesse und Veränderungen sind schlichtweg unverständlich. Folglich verlangt diese neue Realität von uns, dass wir uns ständig anpassen und flexibel bleiben – ein Zustand, der für Menschen mit ADHS, Autismus und HSP besonders herausfordernd sein kann.

Hinweis: Ich bin weder Ärztin noch Therapeutin. Ich teile mein Wissen und meine Erfahrungen mit Dir. Um das nach besten Wissen und Gewissen tun zu können, besuche ich Fortbildungen und Weiterbildungen und recherchiere für meine Beiträge gewissenhaft. Dennoch ist es nicht ausgeschlossen, dass sich die Studienlage ändert, es unterschiedliche Thesen und Theorien zu einem einzelnen Thema gibt, oder ich möglicherweise sogar einer zweifelhaften Quelle aufgesessen bin. Falls Dir Fehler auffallen oder Du über andere oder aktuellere Quellen verfügst, so schreib mir eine Nachricht und lass es mich gerne wissen!

Herausforderungen der BANI-Welt für Menschen mit ADHS

Menschen mit ADHS haben oft Schwierigkeiten mit der Konzentration und Organisation, was in einer BANI-Welt besonders problematisch ist. Denn die brüchigen Strukturen bedeuten, dass Aufgaben und Projekte schnell geändert oder abgebrochen werden können. Dies erfordert eine hohe Anpassungsfähigkeit, die bei ADHS-Betroffenen oft nicht vorhanden ist. Zudem kann die Angst, die durch die ständige Unsicherheit ausgelöst wird, die Symptome von ADHS verstärken. Studien zeigen, dass Stress die Symptome von ADHS verschlimmern kann, was die Fähigkeit zur Fokussierung und zum Aufgabenmanagement weiter beeinträchtigt (Barkley, R. A., 2015, Attention-deficit hyperactivity disorder: A handbook for diagnosis and treatment).

Herausforderungen der BANI-Welt für Menschen mit Autismus

Autistische Menschen neigen zu festen Routinen und Strukturen. Die brüchigen und nicht-linearen Aspekte der BANI-Welt stehen in starkem Kontrast zu den Bedürfnissen nach Vorhersehbarkeit und Stabilität. Veränderungen in den Arbeitsabläufen oder -anforderungen können für sie besonders stressig sein und zu einer Überlastung führen. Eine Studie von Pisula und Kawa (2017) zeigt, dass autistische Menschen besonders anfällig für sensorische Überlastung sind, was in einer chaotischen und unvorhersehbaren Umgebung leicht passieren kann (Pisula, E., & Kawa, R., 2017, Sensory processing in children with autism spectrum disorders).

Herausforderungen der BANI-Welt für Hochsensible Personen (HSP)

Hochsensible Menschen nehmen Reize intensiver wahr und verarbeiten Informationen tiefer als andere. In einer BANI-Welt, in der Unvorhersehbarkeit und Unverständlichkeit dominieren, können sie schnell überwältigt werden. Die permanente Alarmbereitschaft und der hohe Anpassungsdruck können zu chronischem Stress führen, der die psychische und physische Gesundheit beeinträchtigt. Aron und Aron (1997) beschreiben, dass Hochsensibilität häufig mit intensiver emotionaler Reaktivität und hoher Empfänglichkeit für Stress einhergeht (Aron, E. N., & Aron, A., 1997, Sensory-Processing Sensitivity and its Relation to Introversion and Emotionality).

Strategien zur Bewältigung

1. Strukturen schaffen und halten

Für Menschen mit ADHS, Autismus und HSP sind klare Strukturen und Routinen essenziell. Auch wenn die äußeren Umstände brüchig und unvorhersehbar sind, können persönliche Rituale und feste Tagesabläufe helfen, Stabilität und Sicherheit zu vermitteln.

2. Selbstfürsorge und Achtsamkeit

Regelmäßige Pausen, Achtsamkeitsübungen und Selbstfürsorge sind entscheidend, um die mentale Gesundheit zu bewahren. Techniken wie Meditation oder Yoga können helfen, Stress abzubauen und die innere Balance zu halten.

3. Kommunikation und Unterstützung

Ein offenes Gespräch mit Vorgesetzten und Kollegen über die eigenen Bedürfnisse und Herausforderungen kann helfen, Verständnis und Unterstützung zu bekommen. Viele Unternehmen bieten inzwischen spezielle Programme und Ressourcen an, um neurodiverse Mitarbeiter zu unterstützen. Allerdings solltet ihr Euch auch immer überlegen, ob ihr Eure Neurodivergenz auch offenlegen wollt. Lest dazu gerne erst einmal meinen Artikel, den ich zu diesem Thema geschrieben habe, bevor ihr Euch offenbart.

4. Flexibilität und Anpassungsfähigkeit trainieren

Auch wenn Veränderungen schwer fallen, ist es wichtig, Flexibilität zu üben. Dies kann durch kleine, bewusste Änderungen im Alltag geschehen, die helfen, die Anpassungsfähigkeit zu stärken. Ich selbst habe einmal den Tipp bekommen einfach mal eine Nacht verkehrt herum im Bett zu liegen und zu schlafen.

Fazit

Die BANI-Welt stellt uns alle vor neue Herausforderungen, aber besonders Menschen mit ADHS, Autismus und HSP. Indem wir uns der spezifischen Bedürfnisse und Schwierigkeiten bewusst werden und Strategien entwickeln, um ihnen zu begegnen, können wir die Arbeitswelt inklusiver und unterstützender gestalten. Die Wissenschaft bietet uns viele wertvolle Erkenntnisse und Ansätze, die wir nutzen können, um ein besseres Arbeitsumfeld für alle zu schaffen. Quellen wie Barkley (2015), Pisula und Kawa (2017) sowie Aron und Aron (1997) bieten tiefe Einblicke und hilfreiche Tipps, die wir in unseren Alltag integrieren können.

Literaturverzeichnis:

• Barkley, R. A. (2015). Attention-deficit hyperactivity disorder: A handbook for diagnosis and treatment. New York: Guilford Press.
• Pisula, E., & Kawa, R. (2017). Sensory processing in children with autism spectrum disorders. Polish Psychological Bulletin, 48(2), 233-242.
• Aron, E. N., & Aron, A. (1997). Sensory-Processing Sensitivity and its Relation to Introversion and Emotionality. Journal of Personality and Social Psychology, 73(2), 345-368.